Verordnung Nr. 57
Die Gründung des Bundeslandes Rheinland-Pfalz
Am 30. August 1946 wurde mit der Verordnung Nr. 57 ein rhein-pfälzisches Land gegründet. Die Bildung eines neuen Landes im nördlichen Teil der Zone war ein einseitiger Akt der französischen Besatzungsmacht. Der Oberpräsident der Provinz Rheinland-Hessen-Nassau, Dr. Wilhelm Boden, hatte die Verordnung persönlich von dem französischen Gouverneur Hettier de Boislambert am frühen Abend des 30. August 1946 um 6 Uhr erhalten. Auf unscheinbarem dünnen Durchschlagpapier geschrieben, werden in sechs knappen Artikeln alle Modalitäten geregelt. Das neue Land sollte aus den Regierungspräsidien Koblenz, Trier, Rheinhessen und Pfalz bestehen. Als Hauptstadt wurde Mainz vorgesehen. Für die Übergangszeit hatten die beiden Oberpräsidien Rheinland-Hessen-Nassau und Hessen-Pfalz eine "gemischte Kommission" zu bilden, die die Landesverwaltung übernehmen sollte. Ihre Aufgabe war vor allem die Erarbeitung eines Verfassungsentwurfs. Anschließend wurde eine verfassunggebende beratende Landesversammlung gewählt und eine vorläufige Landesregierung gebildet. Die Verfassung sollte durch Volksentscheid angenommen und gebilligt werden.
Hunger, Not und Wohnungsmangel prägte zu dieser Zeit den Alltag der Menschen, die für die Gründung des neuen Landes nur sehr wenig Interesse aufbrachten. Aber auch in der Politik waren die Reaktionen nur sehr zurückhaltend. Mit offener Skepsis stand man dem "Land aus der Retorte" gegenüber. Kaum jemand hielt es für möglich, dass dieses künstliche Gebilde einen dauerhaften Bestand haben könnte. Historisch gewachsene Einheiten wurden durch dieses Bundesland auseinandergerissen. Es fehlte nicht nur an einem Zusammengehörigkeitsgefühl, es fehlte an Industrie, Wirtschaftskraft und Infrastruktur. Rheinland-Pfalz war ein Land, das nicht vom "Griffel Gottes" gezeichnet war, wie es der Rheinische Merkur formulierte. Aber trotz dieser zahlreichen und sehr einheitlichen Unkenrufe erwies sich die Verordnung Nr. 57 als Auftrakt für ein absolutes Erfolgsmodell. 75 Jahre nach seiner Gründung hat niemand mehr Zweifel an dem Bestand des Landes Rheinland-Pfalz. Die Bevölkerung identifiziert sich mit diesem Bundesland und hat es vollständig akzeptiert.