Fastnachtsumtriebe gegen Lehrer in Kaiserslautern
Anzeige des königlichen Distrikt Schulinspektors und Pfarrers Magel von Rheinzabern an die königlich-bayerische Verwaltung
Text:
„Rheinzabern den 6ten Februar 1839
Hochwohlgeborener Herr Hofrath! Hochverehrter Herr Direktor!
Es verbreitet sich das Gerücht, daß auf dem Narrenprogramm der Stadt Kaiserslautern oben an stehe, daß der Zug an den kommenden Fastnachtstagen damit eröffnet werden soll, daß Jägerpursche[n] den Schullehrern die Backenbärte abrasieren. Ich erachte diese ergebenste Anzeige für eine besondere Pflicht, damit entweder präventive Maßregeln bei Zeiten ergriffen, oder die Frevler zur Strafe gezogen werden können; und bitte diese meine Besorgniß daß königl[iche] Regierungsmaßregeln nicht verhöhnt, die verehrungswürdigsten Beamten der Pfalz dem Spotte nicht preißgegeben und ein Theil der königl[ichen] Regierung untergebenen Schullehrer nicht zum Ungehorsam verleitet, und zu ihrem eigenen Nachtheile zu strafbarem Widerstande aufgereitzt werden mögen, nicht übel aufnehmen und zugleich die Bitte den Ausdruck meiner vorzüglichsten Hochachtung genehmigen zu wollen, womit die Ehre hat zu harren
Euer hochwohlgeboren treu ergebenster
Magel Pf[arre]r“
Kommentar:
Beschwerden von Pfarrern aller Konfessionen gegen Vergnügungen bei Festen und Feiern, insbesondere im Rahmen von Karnevalsbelustigungen, waren in der frühen Neuzeit und auch noch im 19. Jahrhundert weitverbreitet. Auch das Verhältnis der als Schulinspektoren mit der Schulaufsicht beauftragten Pfarrer zu den Lehrern war traditionell eher spannungsvoll. Der von Pfarrer Magel hier bei den Behörden angezeigte und von diesen sehr ernst genommene "Spaß" könnte darüber hinaus noch einen vormärzlich-politischen Hintergrund haben, war doch die Lehrerschaft mehr als jede andere Instanz des Obrigkeitsstaates dazu berufen, aus Kindern gehorsame Untertanen zu machen. Wenn Pfarrer Magel in seiner Anzeige davor warnte, die Lehrer könnten durch das Ansinnen der Jägerburschen zum "Ungehorsam" verleitet werden, so lässt dies darauf schließen, dass die Vertreter des Staates zumindest in diesem Kontext ihre erzieherische Aufgabe nicht so ernst nahmen wie von ihnen erwartet wurde und dass sie damit als Pfälzer vielleicht auch eine innere Distanz zum bayerischen Staat zum Ausdruck bringen wollten. Dazu bot sich in der von Zensur und politischer Verfolgung geprägten Vormärzzeit gerade der Karneval in besonderer Weise an.
Laut Auskunft des Bistumsarchivs Speyer war Bernhard Magel (1795-1863) von 1827 bis 1839 katholischer Pfarrer von Rheinzabern, anschließend Pfarrer in Neustadt/W. Im Jahre 1843 brachte er dort eine ähnliche Beschwerde gegen das lokale Fastnachtstreiben an.