Bewertung
Archivtag Rheinland-Pfalz / Saarland am 8. Mai 2017 in Trier
Die Bewertung von Schriftgut gehört zu den wichtigsten und verantwortungsvollsten Aufgaben von Archivarinnen und Archivaren. Die Entscheidung über die Archivwürdigkeit oder Vernichtung von Unterlagen bestimmt die Überlieferungsbildung für künftige Generationen und wirkt geschichtsprägend.
Der Archivtag 2017 in Trier mit mehr als 80 Teilnehmern, nicht nur aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland, sondern auch aus Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Luxemburg, näherte sich dem Thema Bewertung zunächst in einer Podiumsdiskussion. Ausgehend von einem Impulsreferat aus dem Landesarchiv Hessen, in dem sowohl der Bereich des Bewertungsmanagements als auch die Auseinandersetzung mit Überlieferungszielen und Bewertungsmethoden angesprochen wurden, diskutierten Vertreter aus zwei größeren Kommunal- und einem kirchlichen Archiv sowie aus dem LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrum teilweise recht kontrovers Fragen zur Bewertungspraxis in ihren jeweiligen Häusern, insbesondere zum Einsatz von Dokumentationsprofilen. Während insbesondere bei den kommunalen Archiven die Anwendung von Bewertungsmodellen eher eine untergeordnete Rolle zu spielen scheint, da die Problematik der Raum- und Personalkapazitäten sowie der Umgang mit dem heterogenen Schriftgut vorrangig sind, wurde von Seiten des Vertreters des LVR auf die Vorteile einer Analyse im Vorfeld zugunsten einer Überlieferungsverdichtung und größeren Transparenz verwiesen.
Auch die vier parallelen Workshops am Nachmittag regten zum lebhaften Meinungsaustausch an. Im Workshop „Personenbezogene Unterlagen“ ging es sowohl um grundsätzliche Aspekte zu Personalakten mit besonderer Berücksichtigung der Aufbewahrungsfristen, als auch um Patientenakten mit Vorstellung eines Modells zur Bewertung von Klientenakten aus ambulanten Beratungsstellen des Diakonischen Werks Pfalz sowie Jugendfürsorgeakten am praktischen Beispiel einer Bewertungsaktion.
Ziel des Workshops „Haushaltswesen“ war die gemeinsame Erarbeitung der Grundzüge eines Bewertungsmodells für Haushaltsaufstellung, -durchführung und -prüfung unter Berücksichtigung der Frage der Archivwürdigkeit und etwaiger Parallelüberlieferungen.
Der Workshop „Öffentlichkeitsarbeit“ diente dem Erfahrungsaustausch anhand der Fragen, welche Bewertungsstrategien für die kommunale Öffentlichkeitsarbeit in den jeweiligen Kommunen zur Anwendung kommen, ob sich die Erweiterung der Öffentlichkeitsarbeit auf die Überlieferungsbildung auswirkt und ob diesbezügliche Bewertungsstrategien Konsequenzen für das kommunale Archiv haben.
Der Workshop zur Frage der Bewertung von Fotografien griff zunächst anhand von Beispielen aus dem Stadtarchiv Worms die Grundfragen und die in der Literatur diskutierten Grundsätze, Kriterien und Ziele der Fotobewertung auf, bevor in einer Gruppenarbeitsphase konkrete Einzelfälle und Problemlagen der Kolleginnen und Kollegen wie auch die Diskussion praktikabler Lösungen – nicht nur in Fragen der Bewertung, sondern auch der Erschließung! – in den Blick genommen wurden.
In der „Aktuellen Stunde“ wurde das neu aufgelegte Gemeinschaftsblog der rheinland-pfälzischen und saarländischen Archive, das aus dem ursprünglich zur Dokumentation der Archivtage eingerichteten Blog hervorgegangen ist, vorgestellt und die Teilnehmer zum Mitmachen eingeladen.
Auch wurde auf den derzeit in Rheinland-Pfalz laufenden Antrag für ein landesweites zentrales Verpackungsprogramm vorrangig für kleinere Archive und Bibliotheken hingewiesen, für den eine landesweite Bedarfsabfrage durchgeführt wurde.
Der nächste Archivtag wird am 14. Mai 2018 in Neunkirchen stattfinden.