Die Niederbrennung von Kusel
Befehl von Nikolaus Hentz, Kommissar des revolutionären Nationalkonvents der französischen Republik zur Niederbrennung von Kusel vom 26.07. 1794
Befehl von Nicolas Hentz, Kommissar des revolutionären Nationalkonvents der französischen Republik zur Niederbrennung von Kusel (Pfalz) vom 26.7.1794
I. Beschreibung:
Gedruckt, zweisprachig, 1 Blatt. Ergänzungen des Bearbeiters in eckigen Klammern
II. Text (in Originalschreibweise)
Im Namen des französischen Volks!
Pirmasens, den 7tn Thermidor, im zweiten Jahr [=26. Juli 1794] der ein- und unzertheilbaren Franken-Republik.
Da der zu den Rhein- und Mosel-Armeen gesendete Volks-Repräsentant erfahren hat, daß es in der Stadt Cusel im Trierischen Landes falsche Aßignaten-Fabrikanten gäbe, die von den Einwohnern geduldet und sogar geschüzt werden; und daß aus dieser Stadt jene so äusserst nachtheilige Versendung von falschen Asignaten in das Innere der Republik herkäme; nachden von Ihm der kommandirende General von der Mosel-Armee zu Rathe gezogen worden ist, und dieser versichert hat, daß die Existenz dieser Stadt den künftigen Kriegs-Operationen der Armee der Republik von keinem fernern Nuzen sein würde; hat [der Volks-Repräsentant] folgendes beschlossen:
Da die Stadt Cusel bei jeder Gelegenheit sich als Feindin der Republik und als zugethane Freundin der Feinde derselben und namentlich der Preußen gezeiget hat, so soll dieselbe verbrennet werden.
Der komandirende General der Mosel-Armee erhält hiermit den Befehl, diesen Schluß so bald möglich in Erfüllung zu sezen, und alle dazu gehörige Anstalten auf das schleunigste zu treffen.
unterschrieben Hentz
III. Kommentar
Der Befehl zur Vernichtung einer ganzen Stadt erfolgte vor dem Hintergrund des sog. Revolutionskrieges, der 1792 als Folge des Einmarsches preußischer und österreichischer Truppen (Pillnitzer Deklaration von 1791) in das revolutionäre Frankreich ausgebrochen war und auf die Wiederherstellung der französischen Monarchie als Teil der alten Ordnung des feudalen Europas zielte. Nach dem erfolglosen Vormarsch der Truppen der österreichisch-preußischen Koalition (Kanonade von Valmy, 20.9.1792), setzte die französische Revolutionsarmee zur Gegenoffensive an und eroberte bis 1795 das gesamte linksrheinische Rheinland.
Ein weiteres Element dieser Situation war der Vorwurf, die Stadt Kusel unterstütze die Fälschung von "Assignaten", die damals als offizielle Ersatzwährung im revolutionären Frankreich fungierten, aber zunehmend an Wert verloren (Inflation).
Die über die normalen Kriegshandlungen und Zerstörungen hinausgehende vollständige Vernichtung einer Stadt hat im Deutschen Reich großes Aufsehen erregt und zu zahlreichen Spenden geführt. Von den Gegnern der französischen Revolution wurde das Ereignis propagandistisch ausgiebig genutzt. Umgekehrt war man bei der damaligen Revolutionsregierung (Wohlfahrtsausschuss) nicht glücklich über die Zerstörung, weil klar war, dass sie dem Ansehen Frankreichs und der Sache der Revolution schaden würde. Der Stadt Kusel wurde daher Schadensersatz geleistet, ein recht einmaliger Vorgang.
Der im Befehl als "Volks-Repräsentant" bezeichnete Kommissar der Revolutionsregierung war der aus Sierck in Lothringen stammende Jurist Nicolas Henz (1753-1830), den die politischen Wendungen der nachrevolutionären Zeit bis in die USA verschlugen.
Literatur: Hans-Joachim Seiler, Nicolas Hentz - der Verantwortliche für das Niederbrennen von Kusel am 7. Thermidor II (26. Juli 1794), in: Westrich-Kalender Kusel 1984, S. 44-53